Adeus großer Ze

Nach zwei Jahren in Hamburg hat Zé Roberto im Sommer den HSV verlassen, um ein Jahr beim Al Gharafa Sporting Club in Katar zu spielen. Zeit, um auf eine großartige Karriere und eine starke Persönlichkeit zurückzublicken.

Hamburg – Es wird sein 336. Einsatz in der Fußball-Bundesliga. Und sicher einer seiner emotionalsten. Wenn Zé Roberto am Samstag zum 54. Mal das Trikot mit der Raute in der Bundesliga überstreifen wird, wird es gleichzeitig auch sein letztes Mal sein. Mit dem Abpiff gegen Mönchengladbach geht für den Brasilianer seine Zeit beim HSV zu Ende. „Ich hoffe, mit dem ganzen Stadion zu feiern“, freut sich Zé, ein letztes Mal in seine geliebte Arena einzulaufen. Zuvor wird es Blumen geben. Das erste Mal in seiner Karriere. Ich habe in Leverkusen keine bekommen und auch bei Bayern gab es keine, weil ich noch eine Option laufen hatte“, lacht Zé. „Diesmal wird es wohl endgültig mein Abschiedsspiel aus der Bundesliga sein.“

Eigentlich wollte man sich erst nach dem Saisonende zusammensetzen, alles besprechen und dann schauen, ob und wie man weiter zusammenarbeitet. Doch die Gespräche zwischen dem HSV und Zé Roberto ließen schon etwas früher erahnen, dass es nicht auf eine weitere Zusammenarbeit hinauslaufen wird. „Es waren wunderschöne und äußerst intensive zwei Jahre beim HSV“, sagt Zé, der im Sommer 37 Jahre alt wird, doch ein drittes oder gar viertes wird es nicht geben. Es waren gute Gespräche in sehr entspannter Atmosphäre, in denen man sich darauf verständigte, einen neuen Weg zu gehen. Beide Seiten.

„Gott hat mir ein Talent mitgegeben“

Und so sagen wir also „Adeus!“ und verneigen uns vor einem Mann, der es auch im fortgeschrittenen Fußballeralter schaffte, Fans und Mitspieler gleichermaßen zu begeistern. Grundvoraussetzung dafür: seine enorme Fitness, die ihn sogar noch mal in ungewohnter Rolle in die Sport Bild brachte – als Fitness-Guru und -Trainer. „Ein Geheimnis dafür gibt es eigentlich nicht“, sagt Zé.  „Ich war schon immer ein professioneller Spieler, der sich sehr gut ernährt und sich um seinen Körper kümmert. Zum anderen hat Gott mir ein Talent mitgegeben, so dass ich lange auf hohem Niveau spielen kann.“ Und dieses hohe Niveau machte den Brasilianer zum wichtigen Bestandteil des Teams. Und oftmals zum entscheidenden Mann.

Vor allem in den Momenten, in denen Zé explodierte. In denen er – mit Vorliebe über die linke Seite – mit dem Ball am Fuß auf und davon ging, den teilweise 15 Jahre jüngeren Gegenspielern davonlief und aus vollem Sprint den Ball genau dorthin zirkelt, wo er ihn hin haben wollte, als wäre es das Einfachste und Selbstverständlichste der Welt. So entschied Zé viele Spiele, ohne jedoch je das Rampenlicht für sich zu beanspruchen. Wenn es etwas zu bejubeln gab, dann ließ er gern den Youngstern den Vortritt. „Ich liebe es natürlich auch, mit unseren Fans zu feiern. Aber wenn da zwei, drei jüngere Spieler vor mir stehen, dann muss ich mich mit meinen 36 Jahren nicht mehr nach vorne drängeln. Die Jungen sollen das genießen.“

Als Kinder barfuß auf der Straße gespielt

Profifußballer – das wird Zé ganz bestimmt auch in Zukunft sein. Wohin sein Weg führen wird, steht noch nicht fest. Erst nach dem letzten Spiel wird er sich um seine Zukunft Gedanken machen. Dann egal, wohin es ihn treiben wird, werden die drei Säulen seines Lebens, aus denen er seine Kraft schöpft, mitziehen: Herkunft, Familie, Glauben. Zé wuchs im Armenviertel Villa Ramos auf, Mutter Maria Andresina musste die fünf Geschwister alleine durchbringen und er sah viele Freunde abrutschen oder sogar sterben. „Meine ersten Lebensjahre waren ein Kampf ums tägliche Brot.“ Das prägte, lehrte ihn Demut und Dankbarkeit. Seine Familie gibt ihm Kraft, mit seiner Jugend-Liebe und heutigen Ehefrau Luciana hat er die drei Kinder Endrik, Miriá und Isabelli. Und sein Glaube hat Zé sein ganzes Leben begleitet, nachdem seine Mutter ihm die Liebe und Kraft Jesus nahebrachte.

Er geht mit der Familie regelmäßig in die Kirche, betet, könnte sich sogar später den Beruf des Predigers vorstellen. Und auf Reisen ist stets seine Bibel dabei, allen voran der Psalm „Aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.“ Passender könnte man Zé Roberto und seine Leistungen in den letzten Jahren für den HSV wohl nicht erklären. Oder, Zé? „Es ist wohl so, wie es der weise Salomon gesagt hat: Das Ende ist immer schöner als der Anfang.“ Zu diesem erhofft er sich noch einmal drei Punkte. Uns bleibt da nur zu sagen: Es war uns eine Ehre!

Zum Schluss baten wir Zé Roberto noch unser HSV-Poesie-Album auszufüllen:

Mein schönstes HSV-Spiel war… das erste Spiel im HSV-Trikot gegen Bayern München. Das war doppelt emotional. Für mich persönlich, weil ich auf den Verein getroffen bin, für den ich sechs Jahre gespielt habe und dann, weil wir durch ein Tor von Mladen Petric mit 1:0 gewonnen haben. Alle sind total ausgeflippt. Das Stadion stand Kopf. An dieses Spiel denke ich noch oft zurück.

Mein schönstes HSV-Tor war… definitiv das Freistoßtor im Heimspiel gegen Mönchengladbach in der letzten Saison. Es war das zwischenzeitliche 2:1. Leider haben wir noch 2:3 verloren, aber das Tor war wirklich spitze. Ich habe den Ball optimal getroffen.

Auf jeden Fall in Kontakt bleiben möchte ich mit… neben einigen Spielern auch mit dem Team ums Team. Das fängt bei unseren Zeugwarten Mario Mosa und Miro Zadach an und hört bei dem Physio-Team um Epi (Uwe Eplinius, Anm. der Red.) auf. Besonders in Erinnerung behalte ich auch unseren Dolmetscher Dennis Pauschinger. Er hat mir in der Zeit als ich verletzt war viel geholfen. Das war als Fußballer die schwerste Zeit in meinem Leben, weil ich vorher noch keine schwere Verletzung hatte. Ich habe oft zuhause im Bett gelegen und konnte nichts machen, dazu musste ich zur Reha und Untersuchungen nach Zürich und München fahren. Wir hatten in dieser Zeit viel Kontakt. Er ist dadurch ein echter Freund geworden.

Der unangenehmste HSV-Gegenspieler war… definitiv Tomas Rincon. Er ist ein absoluter Kämpfer, der nie locker lässt. Seinen Atem spürst du immer, wenn du im Mittelfeld gegen ihn spielst. Vergleichbar ist das nur mit Jens Jeremis, gegen den ich in meiner Bayern Zeit genauso ungern gespielt habe.

Die HSV-Geschichte, die ich meinen Kindern erzähle, ist… dass ich eigentlich nur für ein Jahr nach Deutschland gehen wollte. Das habe ich zumindest am Anfang meiner Frau erzählt. Daraus sind nun 12 Jahre geworden und ich habe mir einen Namen in Deutschland gemacht. Und das Land hat mir mehr als nur Fußball gegeben. Meine drei Kinder sind hier geboren, zudem habe ich eine Story und ein Gesicht. Das ist alles unglaublich.

Am meisten vermissen werde ich… meine brasilianische Gemeinde in Hamburg, in der ich mit meiner Familie viel erlebt habe. Dazu die Fans und das Stadion. Das war einmalig in meiner Zeit in Deutschland. Sie waren total verrückt und immer zu 100 Prozent HSV. Das hat mich beeindruckt. Vermissen werde ich sicher auch die Disziplin und die Ordnung, mit der hier alles abläuft. Ich habe viel gelernt, auch über die Strukturen in den Vereinen, in denen ich gespielt habe, und in der Bundesliga. So etwas gibt es nicht in vielen Ländern.

Quelle: HSV-Homepage www.hsv.de vom 11.05. und 10.07.2011

Wir freuen uns, dass Du auch nach Deiner aktiven HSV-Zeit Schirmherr des christlichen HSV-Fanclubs Totale Offensive bleibst und wünschen Dir, auf Deinem weiteren Lebensweg privat und beruflich weiterhin den Segen unseres Gottes.

Der Vorstand

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